Der Berg in Bewegung.
Die Natur, aber auch die Geologie, sind dynamisch. Die Schwerkraft lässt früher oder später, alles was oben ist, nach unten stürzen oder gleiten. Die Landschaft ist einem dauernden Wandel unterworfen.
Ein Vergleich der Luftbilder von 1946 und 2014 zeigt, dass das Rutschgebiet (Bilder oben) im Jahre 1946 noch vollständig bewaldet war. Interessant ist auch der Bachverlauf im Bereich der Kantonsstrasse (Bilder unten). Im Jahre 1946 verlief das Gerinne oberhalb der Kantonsstrasse östlich des heutigen Bachverlaufs. Auch unterhalb der Kantonsstrasse machte das Gerinne einen Bogen westwärts. Die gerade Bachführung direkt in den Rhein wurde nach den Unwetterschäden von 1980 erstellt.
Quelle: Bundesamt für Landestopografie
1946
2014
Was bisher geschah
Am Freitag, 19. April 2013, haben sich die ersten grösseren Murgänge (Rüfe, Schlammlawine) in Richtung Geschiebefang oberhalb der Kantonsstrasse in Bewegung gesetzt. Der Führungsstab der Gemeinde Domat/Ems hat an diesem Nachmittag mit Unterstützung mehrerer kantonaler Ämter, Organisationen und Unternehmungen die Arbeit aufgenommen und umgehend Sofortmassnahmen in die Wege geleitet. Am Samstagmorgen, 20. April 2013, haben die Murgänge den Geschiebefang erreicht und es musste entschieden werden, die Rüfe über die Kantonsstrasse in darunterliegendes Landwirtschaftsland zu leiten, um Schäden an wichtigen Verkehrsträgern (RhB, A13) und dem Industriegebiet Paleu Sura zu vermeiden.
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Dabei wurden im Damm des Geschiebefanges und hangaufwärts an einer zweiten Stelle am Bachufer Lücken geöffnet. Am 4. Mai 2013 konnte die Notbrücke über die Kantonsstrasse dem Verkehr übergeben werden. Der Geschiebefang oberhalb der Kantonsstrasse wurde erweitert, es wurden Schutzdämme erstellt und ein Überwachungssystem eingerichtet. Die Schachstellen wie Kegelhals, Auffangräume, Auslaufbauwerk Geschiebefang, flache Kanalstrecke unterhalb Geschiebefang wurden seit Beginn der Rüfe mit einem Picketdienst rund um die Uhr überwacht, um rechtzeitig die nötigen Massnahmen anordnen und ausführen zu können. Eine grosse Herausforderung stellte die Suche nach geeigneten Deponiestellen für die sehr grossen Kubaturen dar. Seit Mitte April 2013 war die Val Parghera aktiv. Glücklicherweise waren die unzähligen Murgänge stets immer nur so gross, dass sie, auch dank Massnahmen am Kegelhals, die Ufer nicht überschritten und alle in den Geschiebefängen aufgehalten werden konnten. Mit einem Weichensystem wurden die Murgänge in die jeweils freien, provisorischen Auffangräume geleitet. Sobald das Material in den vollen Geschiebefängen transportfähig war, wurde es in die Deponie Plarenga gebracht, um Platz zu machen für neue Murgänge. Alle Auffangräume waren mehrmals geleert worden. Nach zweijähriger Bauzeit kann der neue Geschiebefang seit Frühjahr 2018 seine Funktion erfüllen.
Geologie
In Fliessrichtung des Rheins verläuft entlang der Talebene eine geologische Grenze. Im Norden (Felsberg) ragen die harten Kalkfelswände des Calandas steil in die Höhe, aus denen periodisch Steine und grosse Blöcke als Steinschlag und Felsstürze ins Tal gelangen. Im Süden (Domat/Ems und Chur) kommen Bündnerschiefer vor, aus denen sich ebenfalls regelmässig grössere (aktuell Val Parghera) und kleinere Murgänge (Rüfen und Schlammlawinen) bilden.
Lebensader Rheintal
Die Schlammströme aus der Val Parghera gefährdeten neben den Anlagen in der Industrie- und Gewerbezone Paleu Sura wichtige Verkehrsträger für die Region, für Graubünden, aber auch für die internationale Nord-Süd-Verbindung.
Projekt / Zeitplan / Kosten
Der Zeitplan konnte eingehalten werden. Die Kosten belaufen sich auf rund 26 Mio. Franken.
Kostenverteilung
Die Kosten werden von den Projektträgern Gemeinde Domat/Ems, Stadt Chur, Rhätische Bahn, Tiefbauamt Graubünden und dem Bundesamt für Strassen ASTRA getragen. Der Bund und der Kanton Graubünden unterstützen das Projekt mit Forstbeiträgen. Der Kostenverteiler berücksichtigt die Risiken, welche durch die Rüfe bei den Projektträgern und ihren Anlagen (Verkehrswege, Industriegebiete, wichtige Sachwerte) entstehen.
Projektträger
Im Kanton Graubünden sind die Gemeinden für die Sicherheit ihrer Bevölkerung verantwortlich. Sind Menschen und Sachwerte von Naturereignissen betroffen, müssen die Gemeinden entsprechende Massnahmen (Sofortmassnahmen und Schutzbauten) treffen. Bei Bedarf beraten Kanton und Bund die Gemeinden und unterstützen sie mit finanziellen Beiträgen.
Die Bewältigung der Rüfe Val Parghera war ein Projekt des Bau-, Verkehrs- und Forstdepartementes Graubünden. Die Gemeinde Domat/Ems, als Bauherrschaft, wurde von verschiedenen kantonalen Amtsstellen und privaten Unternehmungen unterstützt. So hatte das Amt für Wald und Naturgefahren Graubünden die Gesamtprojektleitung inne und führte das Teilprojekt «Provisorischer Betrieb». Die Leitung des Teilprojektes «Materialbewirtschaftung und Deponie» lag beim Amt für Natur und Umwelt Graubünden, jene des Teilprojektes «Schutzbauten» beim Tiefbauamt Graubünden.